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01.09.2021

Vortragsreihe zur Erinnerungskultur im Freilichtmuseum Glentleiten nun komplett auf YouTube

Renommierte Fachleute beleuchten das Erinnern an den Nationalsozialismus im ländlichen Oberbayern

Großweil, 1. September 2021 – Unter dem Titel „Obersalzbergstraße 66. Aspekte zur Erinnerungskultur“ veranstaltete das Freilichtmuseum Glentleiten eine Vortrags- und Gesprächsreihe, die nun komplett auf dem YouTube-Kanal der Bezirkseinrichtung zu sehen ist. Anlass für die Beschäftigung mit diesem hochaktuellen Thema an der Glentleiten gab der Wiederaufbau eines Wohnhauses aus dem Ortsteil Resten in der Gemeinde Berchtesgaden, das ursprünglich die Adresse „Obersalzbergstraße 66“ trug und Luftlinie nur wenige hundert Meter von Hitlers „Berghof“ entfernt lag. Bei den Vorträgen kommen renommierte Fachleute zu Wort, etwa der Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, Prof. Dr. Jörg Skriebeleit, der sich seit langem mit „Erinnerungskultur“ beschäftigt.

Erinnerungskultur im Freilichtmuseum Glentleiten

Im Freilichtmuseum Glentleiten wurde im Frühjahr ein über 400 Jahre altes Wohnhaus aus der Gemeinde Berchtesgaden, Ortsteil Resten, den Besuchenden zugänglich gemacht, das im Laufe der Jahrhunderte nur wenige bauliche Veränderungen erfahren hat. In den 1930er und 1940er Jahre gab es jedoch in seiner unmittelbaren Nachbarschaft im Ort Obersalzberg sehr wohl umwälzende Veränderungen: Das Dorf wurde umgewandelt in ein „Führersperrgebiet“ und Adolf Hitler machte sein Feriendomizil, den „Berghof“, zum zweiten Regierungssitz mit allen Konsequenzen. Der ursprüngliche Ort Obersalzberg existiert nicht mehr, die Villen der NS-Größen wurden zum Großteil zerstört.

Was an die Stelle des Bergbauerndorfs Obersalzberg und des „Führersperrgebiets“ rückte, welche Überreste es noch gibt, und wie erinnern an einem solchen von manchen als „Täterort“ bezeichneten Ort möglich und sinnvoll ist, behandelt die Vortrags- und Gesprächsreihe, die das Freilichtmuseum Glentleiten in Kooperation mit Vertretern und Vertreterinnen der Dokumentation Obersalzberg des Instituts für Zeitgeschichte München, des Landesamts für Denkmalpflege, der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg und der Kulturabteilung des Bezirks Oberbayern veranstaltet hat. Aufgrund der Pandemie wurden alle Termine aufgezeichnet und sind nun vollständig auf YouTube abrufbar.

Alle Vorträge und Gespräche im Überblick:

  • Albert Feiber, Dokumentation Obersalzberg: „Der Obersalzberg, das Marosen-Lehen und Berchtesgaden. Facetten einer Beziehung“
  • Prof. Dr. Jörg Skriebeleit, KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, und Ulrich Chaussy, investigativer Journalist und unter anderem Autor des Buches „Nachbar Hitler“: Gesprächsrunde über „Erinnerungskultur heute, ausgehend vom Beispiel Obersalzberg“, moderiert von Thies Marsen (BR)
  • Dr. Walter Irlinger, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: „Bauliche Relikte – materielles Erinnern am Obersalzberg“
  • Dr. Elisabeth Tworek, Kulturabteilung Bezirk Oberbayern: „Tourismus am Vorabend des Nationalsozialismus im Voralpenland“
  • Bernhard Achhorner, Zentrum für Volksmusik, Literatur und Popularmusik des Bezirks Oberbayern: „Volks- und Blasmusik in der NS-Zeit. Zur musikalischen Instrumentalisierung von Heimat, Kultur und Identität in Oberbayern“

Erinnerungskultur als wissenschaftliches Thema

Die deutsche Erinnerung an den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg ist mittlerweile selbst ein Teilaspekt der Nachkriegsgeschichte, dem sich die Geschichtswissenschaft widmet. An der Universität Regensburg wurde beispielsweise im letzten Jahr sogar ein eigenes Zentrum für Erinnerungskultur eingerichtet. Fragen nach dem „richtigen“ Erinnern oder der vermeintlich richtigen Form, in der bestimmter Ereignisse gedacht wird, prägten immer wieder einmal die Debatte in der Öffentlichkeit. Mit dem nahenden Ende der Zeitzeugenschaft einerseits und dem Verschwinden baulicher Relikte aus der Zeit des Nationalsozialismus andererseits stellt sich die Frage nach dem Erinnern aktuell nochmals neu.