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Eine Neue Zeit

Fotorundgang durch die Sonderausstellung

Die Sonderausstellung „Eine neue Zeit. Die Goldenen Zwanziger“ in Oberbayern“ spürt dem Alltag der ländlichen Bevölkerung Oberbayerns in der Weimarer Republik nach und spannt dabei einen Bogen vom Ende des Ersten Weltkriegs bis zum Aufstieg des Nationalsozialismus.

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit. Die 'Goldenen Zwanziger' in Oberbayern". 
Zu Beginn des Ausstellungsrundgangs sehen Sie den nachvertonten Stummfilm "Miss Evelyne, die Badefee" von 1929. Der Werbefilm sollte dem einstigen Weltkurort Bad Reichenhall wieder zu einem mondänem und finanzstarken Publikum verhelfen.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit. Die 'Goldenen Zwanziger' in Oberbayern". Zu Beginn des Ausstellungsrundgangs sehen Sie den nachvertonten Stummfilm "Miss Evelyne, die Badefee" von 1929. Der Werbefilm sollte dem einstigen Weltkurort Bad Reichenhall wieder zu einem mondänem und finanzstarken Publikum verhelfen.

Fotorundgang durch die Sonderausstellung »Eine neue Zeit«. Schock und Aufbruch (1918-1923).
Zu Beginn des Ausstellungsrundgangs sehen Sie den nachvertonten Stummfilm "Miss Evelyne, die Badefee" von 1929. Der Werbefilm sollte dem einstigen Weltkurort Bad Reichenhall wieder zu einem mondänen und finanzstarken Publikum verhelfen.

Schock und Aufbruch (1918-1923)

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine Neue Zeit".
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine Neue Zeit".

November 1918 in Bayern: Der Erste Weltkrieg ist für Deutschland verloren. Revolutionäre haben die Monarchien gestürzt. Aus dem Deutschen Kaiserreich wurde eine Republik und aus Bayern ein „Freistaat“.

Die militärische Niederlage, die Zuschreibung der alleinigen Kriegsschuld und die belastenden Bestimmungen des Versailler Vertrags, die katastrophale Nahrungsmittelversorgung sowie die hohe Arbeitslosigkeit verunsichern die Menschen in den ersten Nachkriegsjahren.

Dennoch ist der Beginn der Friedenszeit von Hoffnung und Aufbruchsstimmung gekennzeichnet. „Modern“ und „fortschrittlich“ sind nach dem Zusammenbruch der alten gesellschaftlichen Ordnung die Losungsworte in allen Lebensbereichen. Neue Ideen und soziale Errungenschaften halten Einzug in die Gesellschaft.

Oberbayern im Kriegsjahr 1918

Im Oktober 1918 hatten große Teile der Bevölkerung die ständigen Durchhalteparolen satt. Der Krieg wütete nun seit vier Jahren. Noch immer wurde an der Front täglich gestorben. In fast jeder Familie waren Söhne, Väter, Brüder oder Ehemänner gefallen. Soldaten und Bevölkerung sehnten sich nach einem Waffenstillstand und nach Frieden. Denn der Krieg war zu einem industrialisierten Gemetzel mit Millionen von Toten und Verstümmelten eskaliert.

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit. Die ,Goldenen Zwanziger' in Oberbayern". Der Wandschmuck (um 1920) oben links zeigt Kriegsteilnehmer aus Schlehdorf - die gefallenen aber auch die zurückgekehrten Soldaten. Vor allem die Gefallenen werden als "Helden" stilisiert. In der Mitte sehen Sie eine Votivtafel aus der Wallfahrtskirche Föching (nach 1915, Ldkr. Miesbach). Sie zeigt ein Schlachtfeld und den Hof der Bauernfamilie Hellwasser. Die Familie "verlobte" sich an das Gnadenbild der Schmerzhaften Mutter von Föching aus Dank, dass die Söhne den Krieg überlebt hatten.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit. Die ,Goldenen Zwanziger' in Oberbayern". Der Wandschmuck (um 1920) oben links zeigt Kriegsteilnehmer aus Schlehdorf - die gefallenen aber auch die zurückgekehrten Soldaten. Vor allem die Gefallenen werden als "Helden" stilisiert. In der Mitte sehen Sie eine Votivtafel aus der Wallfahrtskirche Föching (nach 1915, Ldkr. Miesbach). Sie zeigt ein Schlachtfeld und den Hof der Bauernfamilie Hellwasser. Die Familie "verlobte" sich an das Gnadenbild der Schmerzhaften Mutter von Föching aus Dank, dass die Söhne den Krieg überlebt hatten.

Der Wandschmuck (um 1920) oben links zeigt Kriegsteilnehmer aus Schlehdorf –  die gefallenen aber auch die zurückgekehrten Soldaten. Vor allem die Gefallenen werden als „Helden“ stilisiert. In der Mitte sehen Sie eine Votivtafel aus der Wallfahrtskirche Föching (nach 1915, Ldkr. Miesbach). Sie zeigt ein Schlachtfeld und den Hof der Bauernfamilie Hellwasser. Die Familie „verlobte“ sich an das Gnadenbild der Schmerzhaften Mutter von Föching aus Dank, dass die Söhne den Krieg überlebt hatten.

Auch die Landbevölkerung wünschte sich ein Kriegsende. Die Versorgung mit Lebensmitteln war dort zwar deutlich besser als in der Stadt. Aber der von Hunger und Elend gekennzeichnete „Dotschnwinter“ von 1916/17 war auch der oberbayerischen Bevölkerung nur allzu gut in Erinnerung. Zwangsabgaben landwirtschaftlicher Produkte, welche die Bauern leisten mussten, wuchsen auch im letzten Kriegsjahr 1918 immer mehr an. Arbeitskräftemangel, das System der Zwangsbewirtschaftung und Kontrollen der Getreidevorräte belasteten die ländliche Bevölkerung in immer höherem Maße. Das Vertrauen in die Monarchie war verloren, Ludwig III. hatte Kriegspolitik und -ziele unterstützt und sich so in den Augen der Bevölkerung diskreditiert. Militärische Erfolge wurden keine mehr erzielt. Die Stimmung auf dem Land war schlecht.

Bayern wird Freistaat

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Schock und Aufbruch (1918-1923)".
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Schock und Aufbruch (1918-1923)".

Anfang November 1918 brachen in Norddeutschland Revolten aus. Sie erreichten in wenigen Tagen auch Bayern. Die Novemberrevolution führte in der Endphase des Ersten Weltkrieges zum Sturz der Monarchie im Deutschen Reich und zur Umwandlung in eine parlamentarische Demokratie.

Auch in Bayern kam es zu einem Staatsumsturz. Der revolutionär gesinnten Partei in Bayern (USPD) gelang es, die Monarchie über Nacht zu beenden. Bei Ausbruch der Revolution floh der bayerische König Ludwig III. mit seiner Familie.

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Bayern wird Freistaat". Zu sehen: Postkarte mit Briefmarke, gestempelt 24.6.1919. Die Postkarte wurde nach der Absetzung von Ludwig III. mit "Freistaat Bayern" überstempelt.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Bayern wird Freistaat". Zu sehen: Postkarte mit Briefmarke, gestempelt 24.6.1919. Die Postkarte wurde nach der Absetzung von Ludwig III. mit "Freistaat Bayern" überstempelt.

Postkarte mit Briefmarke, gestempelt 24.6.1919. Die Postkarte wurde nach der Absetzung von Ludwig III. mit "Freistaat Bayern" überstempelt.

Kurt Eisner rief am 8. November 1918 den Sieg der Revolution aus und proklamierte den „Freistaat Bayern“. Er erklärte sich zum ersten Ministerpräsidenten mit dem Ziel der Errichtung einer Demokratie. Damit war der Machtwechsel vollzogen und die Monarchie abgeschafft. Wahlen zur bayerischen Nationalversammlung fanden am 12. Januar 1919 erstmals mit Frauenwahlrecht statt.

Die entscheidenden Etappen der Revolution in Bayern spielten sich in München und anderen Städten ab. Im ländlichen Raum stießen die revolutionären Bestrebungen oft auf verhaltene Resonanz. Dennoch reichten sie bis auf das Land hinaus. Vor allem in Orten, in denen es eine nennenswerte Arbeiterschaft gab, fand die Revolution großen Zuspruch. So zum Beispiel in Kochel (Ldkr. Bad Tölz-Wolfratshausen), wo sich die Arbeiter der Baustelle des Walchenseekraftwerks revolutionär organisierten.

Kriegsende

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Schock und Aufbruch (1918-1923)". Die Fotografie (links) zeigt eine Kriegerheimkehrfeier in Erling (Ldkr. Starnberg) vom 3. Februar 1919. Auch die zurückgekehrten Kriegsgefangenen wurden gewürdigt: das Foto in der Mitte zeigt die Kriegsgefangenenheimkehrfeier vom 24. Mai 1920 in Otterfing (Ldkr. Miesbach).  Rechts im Bild: ein Spendenaufruf für ein Begrüßungs- und Empfangsfest von Kriegsheimkehrern, 1919, Bad Tölz (Ldkr. Bad Tölz-Wolfratshausen).
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Schock und Aufbruch (1918-1923)". Die Fotografie (links) zeigt eine Kriegerheimkehrfeier in Erling (Ldkr. Starnberg) vom 3. Februar 1919. Auch die zurückgekehrten Kriegsgefangenen wurden gewürdigt: das Foto in der Mitte zeigt die Kriegsgefangenenheimkehrfeier vom 24. Mai 1920 in Otterfing (Ldkr. Miesbach). Rechts im Bild: ein Spendenaufruf für ein Begrüßungs- und Empfangsfest von Kriegsheimkehrern, 1919, Bad Tölz (Ldkr. Bad Tölz-Wolfratshausen).

Die Fotografie (links) zeigt eine Kriegerheimkehrfeier in Erling (Ldkr. Starnberg) vom 3. Februar 1919. Auch die zurückgekehrten Kriegsgefangenen wurden gewürdigt: das Foto in der Mitte zeigt die Kriegsgefangenenheimkehrfeier vom 24. Mai 1920 in Otterfing (Ldkr. Miesbach).  Rechts im Bild: ein Spendenaufruf für ein Begrüßungs- und Empfangsfest von Kriegsheimkehrern, 1919, Bad Tölz (Ldkr. Bad Tölz-Wolfratshausen).

Nach Abschluss des Waffenstillstands am 11. November 1918 kehrten auch die 900.000 bayerischen Soldaten zurück. In allen Gemeinden fanden Anfang 1919 Heimkehrfeiern statt, bei denen der von Paul von Hindenburg propagierte Mythos von der im „Felde unbesiegten Armee“ seine Wirkung entfaltete. Die zurückgekehrten Soldaten wurden wie „Sieger“ empfangen und im Rahmen von oft mehrere Tage währenden Feierlichkeiten entsprechend geehrt.

Doch die Heimgekehrten erwartete eine unsichere Zukunft. Es fehlten Arbeitsplätze. Im Frühjahr 1919 fanden viele von ihnen bei Freikorpsverbänden Aufnahme, die zur Bekämpfung der Anfang April 1919 in München ausgerufenen Räterepublik aufgestellt wurden.

Den Gefallenen zum Gedenken

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Schock und Aufbruch (1918-1923)". Die Ausstellung präsentiert unterschiedliche Dokumente und Fotografien zum Bau und zur Eröffnung von Kriegerdenkmälern und Gedächtniskapellen in der
Region. Beispielsweise der Gedächtniskapelle Murnau, 1923 (Ldkr. Garmisch-Partenkirchen), Bauplan links unten. Auf der rechten Seite unten: Fotografie von der Einweihung des Kriegerdenkmals in Bad Tölz, 1927.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Schock und Aufbruch (1918-1923)". Die Ausstellung präsentiert unterschiedliche Dokumente und Fotografien zum Bau und zur Eröffnung von Kriegerdenkmälern und Gedächtniskapellen in der Region. Beispielsweise der Gedächtniskapelle Murnau, 1923 (Ldkr. Garmisch-Partenkirchen), Bauplan links unten. Auf der rechten Seite unten: Fotografie von der Einweihung des Kriegerdenkmals in Bad Tölz, 1927.

Die Ausstellung präsentiert unterschiedliche Dokumente und Fotografien zum Bau und zur Eröffnung von Kriegerdenkmälern und Gedächtniskapellen in der
Region. Beispielsweise der Gedächtniskapelle Murnau, 1923 (Ldkr. Garmisch-Partenkirchen), Bauplan links unten. Auf der rechten Seite unten: Fotografie von der Einweihung des Kriegerdenkmals in Bad Tölz, 1927 (Ldkr. Bad Tölz-Wolfratshausen). 

Rund zwei Millionen deutsche Soldaten kehrten nicht mehr aus dem Ersten Weltkrieg zurück. Die Leichname der Gefallenen verblieben an der Front. Daher hatten deren Familien oft kein Grab auf dem heimischen Friedhof. Der Toten des Krieges zu gedenken war ein grundlegendes Bedürfnis der Bevölkerung. So entstanden in den 1920er Jahren in fast jeder Gemeinde Oberbayerns Kriegerdenkmäler.

Krieger- und Veteranenvereine, die sich vielerorts in dieser Zeit neu gründeten, kümmerten sich nicht nur um das Andenken an die Gefallenen und Vermissten – sie trieben die Errichtung der Kriegerdenkmäler voran oder organisierten die Einweihungsfeierlichkeiten. Im Laufe der 1920er Jahre gewannen sie zunehmend an politischer Bedeutung und engagierten sich national-patriotisch.

Einweihung des Tölzer Kriegerdenkmals 26. Mai 1927

Aufnahmen von Gebr. Frey, Hoffotografen Bad Tölz
Stadtarchiv Bad Tölz
Dauer: 4:20 Minuten

Revolution und Räterepublik

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Schock und Aufbruch (1918-1923)". Während des Krieges und den ersten Nachkriegsjahren gab es die knapp gewordenen Nahrungsmittel nur gegen Marken. Auf dem Foto sehen Sie Lebensmittelmarken von 1918/19 aus Bad Tölz (Ldkr. Bad Tölz-Wolfratshausen).
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Schock und Aufbruch (1918-1923)". Während des Krieges und den ersten Nachkriegsjahren gab es die knapp gewordenen Nahrungsmittel nur gegen Marken. Auf dem Foto sehen Sie Lebensmittelmarken von 1918/19 aus Bad Tölz (Ldkr. Bad Tölz-Wolfratshausen).

Während des Krieges und den ersten Nachkriegsjahren gab es die knapp gewordenen Nahrungsmittel nur gegen Marken. Auf dem Foto sehen Sie Lebensmittelmarken von 1918/19 aus Bad Tölz (Ldkr. Bad Tölz-Wolfratshausen).

Überall in Bayern und im Reich entstanden im Zuge der Revolution Arbeiter- und Soldatenräte. Eine bayerische Besonderheit bildeten die Bauernräte. Sie übernahmen die Regierungsgeschäfte und waren bestrebt, Ruhe und Ordnung in den Gemeinden zu gewährleisten. Auch die Sicherstellung und Verteilung von Nahrungsmitteln gehörte zu ihren Aufgaben.

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Schock und Aufbruch (1918-1923)". Während des Krieges und dern ersten Nachkriegsjahren gab es die knapp gewordenen Nahrungsmittel nur gegen Marken. Auf dem Foto sehen Sie Lebensmittelmarken von 1918/19 aus Bad Tölz (Ldkr. Bad Tölz-Wolfratshausen).
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Schock und Aufbruch (1918-1923)". Während des Krieges und dern ersten Nachkriegsjahren gab es die knapp gewordenen Nahrungsmittel nur gegen Marken. Auf dem Foto sehen Sie Lebensmittelmarken von 1918/19 aus Bad Tölz (Ldkr. Bad Tölz-Wolfratshausen).

Von Bekanntmachung über Flugblatt - von links nach rechts: Bekanntmachung der Volkswehr Garmisch, 1919. Daneben zwei Aufforderungen, dem Freikorps Werdenfels beizutreten. Beide Aufrufe stammen aus dem Jahr 1919. Unter dem Aufruf sehen Sie ein Flugblatt kommunistischer Regierungsgegner von 1919. Auf der rechten Bildseite: Proklamation der Räterepublik im Bezirk Garmisch aus dem April 1919 und eine Seite aus der Zeitschrift "Das Bayerland", Nr. 22, Juli 1919. Hier heißt es in einer Anzeige mit Bezug auf die Räterepublik "Der russische Terror darf nicht wiederkehren!".

Eine neue Stufe der revolutionären Entwicklung in Bayern begann am 21. Februar 1919 mit der Ermordung Kurt Eisners. Radikale Kräfte gewannen die Oberhand und riefen in München eine Räterepublik aus. Die rechtmäßig gewählte Regierung floh nach Bamberg. Den Aufstand schlugen Regierungstruppen und Freiwilligeneinheiten Anfang Mai 1919 nieder und beendeten damit die Revolution. An den Operationen war unter anderem das „Freikorps Werdenfels“ beteiligt, eine Freiwilligeneinheit, die 1919 in der Region von Garmisch und Partenkirchen aufgestellt wurde.

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Schock und Aufbruch (1918-1923)". Wehrmannspass, Seitengewehr und weiß-blaue Armbinde der "Einwohnerwehr Machtlfing", 1919 Machtlfing (Ldkr. Starnberg).
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Schock und Aufbruch (1918-1923)". Wehrmannspass, Seitengewehr und weiß-blaue Armbinde der "Einwohnerwehr Machtlfing", 1919 Machtlfing (Ldkr. Starnberg).

Wehrmannspass, Seitengewehr und weiß-blaue Armbinde der "Einwohnerwehr Machtlfing", 1919 Machtlfing (Ldkr. Starnberg).

Unter dem Eindruck der Radikalisierung der Revolution in Bayern entstanden ab April/Mai 1919 auf Veranlassung der Regierung sogenannte „Einwohnerwehren“. Diese lokalen Bürgerwehren hatten die Aufgabe, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten sowie Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten.

Inflation

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Schock und Aufbruch (1918-1923)". Abrechnungsbeleg der Isarwerke München, Juni 1922, Herrsching (Ldkr. Starnberg): Der Stromversorger weist in seiner Rechnung auf die 80- bis 100fach gestiegenen Kosten hin und begründet damit seine Preiserhöhung. Auf der rechten Seite: Kommunen versuchten durch kostenlose oder verbilligte Lebensmittelverteilung die Not zu lindern. Die Nachricht aus dem Oktober 1923 (Garmisch) bietet Bedürftigen Unterstützung an.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Schock und Aufbruch (1918-1923)". Abrechnungsbeleg der Isarwerke München, Juni 1922, Herrsching (Ldkr. Starnberg): Der Stromversorger weist in seiner Rechnung auf die 80- bis 100fach gestiegenen Kosten hin und begründet damit seine Preiserhöhung. Auf der rechten Seite: Kommunen versuchten durch kostenlose oder verbilligte Lebensmittelverteilung die Not zu lindern. Die Nachricht aus dem Oktober 1923 (Garmisch) bietet Bedürftigen Unterstützung an.

Abrechnungsbeleg der Isarwerke München, Juni 1922, Herrsching (Ldkr. Starnberg): Der Stromversorger weist in seiner Rechnung auf die 80- bis 100fach gestiegenen Kosten hin und begründet damit seine Preiserhöhung. Auf der rechten Seite: Kommunen versuchten durch kostenlose oder verbilligte Lebensmittelverteilung die Not zu lindern. Die Nachricht aus dem Oktober 1923 (Garmisch) bietet Bedürftigen Unterstützung an.

Bereits ab Ende 1914 setzte eine deutliche Geldentwertung in Deutschland ein, unter anderem ausgelöst durch die Kriegsfinanzierung auf Schuldenbasis. Mit der Niederlage 1918 stiegen die Staatsschulden weiter an, da Leistungen für Kriegsopfer sowie die Umstellung der Wirtschaft auf Friedensproduktion zu finanzieren waren. Mit Bekanntgabe der enormen Höhe der Reparationsforderungen gegenüber Deutschland 1921 beschleunigte sich die Inflation weiter.

Im Januar 1923 besetzten alliierte Truppen das Ruhrgebiet, um die Reparationen durchzusetzen. Die Regierung reagierte mit dem Aufruf zum passiven Widerstand und übernahm die Löhne der streikenden Arbeiter. Die Inflation steigerte sich nun in rasender Geschwindigkeit und erreichte im November 1923 einen schwindelerregenden Höchststand. Bald schon reichten die verfügbaren Zahlungsmittel nicht mehr aus, daher gaben viele Kommunen und Firmen eigenes Notgeld heraus.

Die Lohnzahlungen erfolgten nun oft täglich und jeder versuchte, Bargeld schnellstmöglich in Sachwerte einzutauschen. Menschen mit festem Einkommen und Ersparnissen wurden in Folge der Inflation nahezu enteignet. Dagegen konnten Kreditnehmer wie der Staat und Unternehmer von der Entwicklung profitieren. Sie tilgten mit dem wertlos gewordenen Papiergeld ihre Schulden. Auf dem Land konnten die Menschen die Folgen der „Hyperinflation“ zum Teil durch Tauschhandel abmildern.

Schließlich gelang es der Regierung Mitte November 1923 durch die Ausgabe der als Übergangswährung dienenden „Rentenmark“, die Inflation zu stoppen.

Die „Goldenen Zwanziger“ (1924-1929)

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die Goldenen Zwanziger (1924-1929)".
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die Goldenen Zwanziger (1924-1929)".

Auf die schwierigen Jahre der Nachkriegszeit folgte die heute als „Goldene Zwanziger“ bezeichnete Phase. Sie begann 1924 nach der Einführung der Rentenmark und endete bereits 1929 mit der Weltwirtschaftskrise.

Trotz der grauenhaften Erfahrungen des technisierten Kriegs begeisterte sich die Gesellschaft dennoch für das „Neue“ und „Moderne“. Die Vorstellung der „Goldenen Zwanziger“ als eine glänzende, aufregende und vergnügungssüchtige Zeit traf für Oberbayern jedoch hauptsächlich auf die Lebenswelt bürgerlicher Kreise der Großstadt München zu. Auf dem Land bekam man davon wenig mit.

Die neue Frau

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Die Ausstellung präsentiert modische Kleidung des ländlichen Oberbayerns.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Die Ausstellung präsentiert modische Kleidung des ländlichen Oberbayerns.

Die Ausstellung präsentiert modische Kleidung des ländlichen Oberbayerns.

Die Aufbruchsstimmung der 1920er Jahre spiegelte sich in der Damenmode jener Zeit wider. Während des Ersten Weltkriegs mussten Frauen neue Aufgaben in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt übernehmen, da die Männer als Soldaten an der Front waren.

Neue Ideale von Jugendlichkeit und Sportlichkeit manifestierten sich in kurzen, frechen und fließenden Kleidern, welche die weibliche Silhouette knabenhaft erscheinen ließ. Frisuren orientierten sich am Herrenstil und sollten möglichst pflegeleicht sein. Der Bubikopf wurde zum Symbol der Moderne.

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die Goldenen Zwanziger (1924-1929)". Priener Festtagshut mit Goldschnurquasten aus den 1920er Jahren, Laufen (Ldkr. Berchtesgadener Land) und Pelzkragen (Rotfuchs) aus den 1920er Jahren, Hohenpeißenberg (Ldkr. Weilheim-Schongau).
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die Goldenen Zwanziger (1924-1929)". Priener Festtagshut mit Goldschnurquasten aus den 1920er Jahren, Laufen (Ldkr. Berchtesgadener Land) und Pelzkragen (Rotfuchs) aus den 1920er Jahren, Hohenpeißenberg (Ldkr. Weilheim-Schongau).

Priener Festtagshut mit Goldschnurquasten aus den 1920er Jahren, Laufen (Ldkr. Berchtesgadener Land) und Pelzkragen (Rotfuchs) aus den 1920er Jahren, Hohenpeißenberg (Ldkr. Weilheim-Schongau).

Von veränderten Geschlechterrollen und sozialem Wandel war in den Dörfern nicht viel zu spüren – obwohl Frauen schwere Arbeiten oder den Betrieb übernehmen mussten, wenn ihre Ehemänner gefallen waren. Bubikopf und glamouröse Tanzkleider hielten kaum Einzug. Dennoch setzte sich die Verkürzung der Rocklänge und das Verschwinden der Betonung der Taille durch. Außer beim Verrichten von landwirtschaftlichen Arbeiten war das Tragen von Hosen für Damen weiterhin verpönt.

Neues Bauen und Heimatstil

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die Goldenen Zwanziger (1924-1929)". Die Fotos in der Abbildung zeigen: Richtfest bei einem Brauereigebäude, Anfang 1930er Jahre, Feldkirchen (Ldkr. München). Bau eines Lagerschuppens, 1927/28, Murnau (Ldkr. Garmisch-Partenkirchen). Sonderausgabe der Zeitschrift "Die Villa", Jg. 1928, Nr. 11, Oktober 1928.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die Goldenen Zwanziger (1924-1929)". Die Fotos in der Abbildung zeigen: Richtfest bei einem Brauereigebäude, Anfang 1930er Jahre, Feldkirchen (Ldkr. München). Bau eines Lagerschuppens, 1927/28, Murnau (Ldkr. Garmisch-Partenkirchen). Sonderausgabe der Zeitschrift "Die Villa", Jg. 1928, Nr. 11, Oktober 1928.

Die Fotos in der Abbildung zeigen: Richtfest bei einem Brauereigebäude, Anfang 1930er Jahre, Feldkirchen (Ldkr. München). Bau eines Lagerschuppens, 1927/28, Murnau (Ldkr. Garmisch-Partenkirchen). Sonderausgabe der Zeitschrift "Die Villa", Jg. 1928, Nr. 11, Oktober 1928.

Parallel zur wirtschaftlichen Erholung im Lauf der Zwanziger Jahre stieg die Anzahl der Bauvorhaben bis zum Beginn der Weltwirtschaftskrise dann wieder stark an. Das „Neue Bauen“, die Reformarchitektur der 1920er Jahre mit stark funktionalem Charakter, wurde deutschlandweit unter anderem durch die Gründung des Bauhauses bekannt.

In Oberbayern kam sie jedoch kaum zur Entfaltung. Hier dominierte der „Heimatstil“. Er kombinierte traditionelle Architekturelemente mit moderner Bauweise. Auf die Verwendung von einheimischen Materialien wie Naturstein und Holz legte man besonderen Wert. Oft wurden die Fassaden mit Freskenmalereien geschmückt. Wichtige Impulse für die Erneuerung des Bauwesens im ländlichen Raum gingen vom 1902 gegründeten „Bayerischen Verein für Volkskunst und Volkskunde“ aus. Er leistete in den 1920er Jahren bei tausenden privaten und öffentlichen Bauprojekten kostenlose Bauberatung.

Literatur und Provinz

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Im Vordergrund: Hörstation mit Texten zum oberbayerischen Alltagsleben in den Zwanziger Jahren.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Im Vordergrund: Hörstation mit Texten zum oberbayerischen Alltagsleben in den Zwanziger Jahren.

Im Vordergrund: Hörstation mit Texten zum oberbayerischen Alltagsleben in den Zwanziger Jahren.

Vor allem das oberbayerische Alpenvorland hatte bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts Literaten, Musiker und Maler in großer Zahl angezogen. Hier fanden sie in der grandiosen Natur, der reichen regionalen Kultur, aber auch in den gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen der jeweiligen Zeit Inspiration für ihr Schaffen. Dies blieb auch in den ereignisreichen Jahren zwischen 1918 und 1933 so.

Viele Schriftsteller engagierten sich politisch, etwa Erich Mühsam (1978-1934) oder Ernst Toller (1893-1929) für die Münchner Räterepublik oder auf der Gegenseite Ludwig Thoma (1867-1921), der im „Miesbacher Anzeiger“ antisemitisch aufgeladen gegen die Republik und ihre Vertreter polemisierte.

Die gesellschaftliche und politische Situation in der oberbayerischen „Provinz“ jener Zeit thematisieren unter anderem die literarischen Werke von Marieluise Fleißer (1901-1974), Ödön von Horváth (1901-1938), Lion Feuchtwanger (1884-1958) und Oskar Maria Graf (1894-1967).

Hören Sie den Ausschnitt aus:

„Ödön von Horváth“

Ödön von Horváth Aus den weißblauen Kalkalpen 1928

Die neue Zeit im Haushalt

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)".Die Ausstellung präsentiert u.a. Kochbücher und Haushaltsratgeber aus den 1920er Jahren.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)".Die Ausstellung präsentiert u.a. Kochbücher und Haushaltsratgeber aus den 1920er Jahren.

Die Ausstellung präsentiert u.a. Kochbücher und Haushaltsratgeber aus den 1920er Jahren.

Fleisch und Grundnahrungsmittel wie Mehl, Eier oder Butter blieben bis Mitte der 1920er Jahre Mangelware. Das zeigt sich auch in Kochbüchern und Haushaltsratgebern aus jener Zeit. Hier finden sich Ratschläge, wie ohne die fehlenden Zutaten dennoch wohlschmeckende Speisen gekocht werden können und es fehlt nicht an Verweisen auf die nötige Sparsamkeit.

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Gebrauchsfertige Schnittmuster und Nähanleitungen konnten über einen Schnittmusterversand bestellt werden. Die Grafiken zeigen eine Auswahl unterschiedlicher Schnittmuster.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Gebrauchsfertige Schnittmuster und Nähanleitungen konnten über einen Schnittmusterversand bestellt werden. Die Grafiken zeigen eine Auswahl unterschiedlicher Schnittmuster.

Gebrauchsfertige Schnittmuster und Nähanleitungen konnten über einen Schnittmusterversand bestellt werden. Die Grafiken zeigen eine Auswahl unterschiedlicher Schnittmuster.

Auch Stoffe und Textilien waren knapp. Viele Frauen arbeiteten Soldatenuniformen um, änderten vorhandene Bekleidung ab oder färbten sie neu ein. Da sich nur wenige die Anfertigung eines Kleidungsstücks bei einem Schneider leisten konnten, hielt die Herstellung von Textilien mit Hilfe einer eigenen Nähmaschine vermehrt Einzug in die Haushalte.

Auch andere Handarbeiten wie Stricken und Häkeln wurden in den Zwanziger Jahren sehr beliebt. Zeitschriften druckten Strick- und Häkelanleitungen etwa für Topfhüte und Badebekleidung ab und griffen aktuelle Modetrends auf.

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Wäschepresse "Remlu", 1921, München. Und Dampfwaschautomat "Liebig", 1920er Jahre, München.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Wäschepresse "Remlu", 1921, München. Und Dampfwaschautomat "Liebig", 1920er Jahre, München.

Wäschepresse "Remlu", 1921, München. Und Dampfwaschautomat "Liebig", 1920er Jahre, München.

Technische Neuerungen, insbesondere elektrische Geräte, gewährten Arbeitserleichterungen im Haushalt. Sie blieben zunächst einer finanziell gut gestellten Gesellschaftsschicht vorbehalten. In diesen Haushalten musste die Wäsche nicht mehr per Hand gewaschen werden, das erledigten moderne Waschautomaten. Der Handel bot sie als Waschmaschinen mit integrierter Heizung, Trommelwaschmaschinen oder Dampfwaschautomaten an. Wringmaschinen oder Wäschepressen ersetzten das mühsame Auswringen der nassen Textilien.

Was darf’s sein?

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Foto des Verkaufsraums im Kolonialwarenladen Conrad Weiss, um 1920, Lenggries (Ldkr. Bad Tölz-Wolfratshausen).
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Foto des Verkaufsraums im Kolonialwarenladen Conrad Weiss, um 1920, Lenggries (Ldkr. Bad Tölz-Wolfratshausen).

Foto des Verkaufsraums im Kolonialwarenladen Conrad Weiss, um 1920, Lenggries (Ldkr. Bad Tölz-Wolfratshausen).

Zur Nahversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Haushaltswaren waren Kolonialwarenläden oder auch Kramerläden unverzichtbar. Nach den schwierigen Anfangsjahren der Weimarer Republik stabilisierte sich die politische Lage und brachte einen wirtschaftlichen Aufschwung. Dieser zeigte sich sowohl im Warenangebot als auch in der steigenden Zahl an Einzelhandelsgeschäften, die oft kleine Familienbetriebe waren.

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Verkaufsmöbel eines Kramerladens aus Warngau (Ldkr. Miesbach), um 1921.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Verkaufsmöbel eines Kramerladens aus Warngau (Ldkr. Miesbach), um 1921.

Verkaufsmöbel eines Kramerladens aus Warngau (Ldkr. Miesbach), um 1921.

In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts reichte das Angebot von Grundnahrungsmitteln über Genussmittel wie Schokolade oder Kaffee bis hin zu Seife, Waschmittel und Kurzwaren. Noch heute bekannte Marken wie etwa Maggi, Dr. Oetker oder Persil fanden sich in dieser Zeit bereits in den Verkaufsregalen der Kramerläden. Sie waren gerade in ländlichen Regionen ein wichtiger Teil der Infrastruktur. Nicht selten fungierten sie auch als Postannahmestellen oder waren mit Telefonen zur öffentlichen Nutzung ausgestattet.

Vergnügungen

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Im Hintergrund: Titelblätter von Notenausgaben für Schlager (Gesang und Klavier) aus den Jahren 1925 - 1929. Davor: Hörstation mit zeitgenössischen Schlagern.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Im Hintergrund: Titelblätter von Notenausgaben für Schlager (Gesang und Klavier) aus den Jahren 1925 - 1929. Davor: Hörstation mit zeitgenössischen Schlagern.

Im Hintergrund: Titelblätter von Notenausgaben für Schlager (Gesang und Klavier) aus den Jahren 1925 - 1929. Davor: Hörstation mit zeitgenössischen Schlagern.

Nach den Entbehrungen der Nachkriegszeit sehnten sich die Menschen nach Ablenkung und Vergnügung.  Die Einführung des geregelten Achtstundentags für Arbeiter im November 1918 bot dem Einzelnen neue Möglichkeiten für die Gestaltung der arbeitsfreien Stunden.

Das neue Unterhaltungsmedium Rundfunk trat ab 1923 unaufhaltsam seinen Vormarsch an und half neben der Schellackplatte bei der Verbreitung der neuesten Schlager.

Die Begeisterung für Sport wuchs. In den Zentren zogen Rad- und Autorennen sowie Boxveranstaltungen ein großes Publikum an. In den Dörfern kam es zu zahlreichen Vereinsgründungen, um Sportarten wie Fußball, Eishockey, Eisstockschießen oder Turnen auszuüben. Das Skifahren begann, sich zum Breitensport zu entwickeln. An heißen Tagen verbrachte man seine Freizeit gerne in einem Strandbad der naheliegenden Seen oder traf sich zu bestimmten Festtagen im Jahreslauf bei Tanzveranstaltungen. Mitte der 1920er Jahre gingen im Deutschen Reich täglich etwa zwei Millionen Menschen in die Kinos.

Ich hab‘ zu Haus ein Grammophon

Schlager der Zwanziger Jahre

Viel Spaß beim Reinhören!

„Ich hab' das Fräul'n Helen' baden 'seh'n...“

Robert Koppel mit Bohème Orchester Foxtrot, Musik: Fred Raymond Text: Fritz Grünbaum, 1925 3:10 Minuten

„Ich bin verrückt nach Hilde“

Paul O`Montis mit Hans Bund, Klavier Foxtrot, Musik: Otto Stransky Text: Arthur Rebner, 1929 2:33 Minuten

„Was macht der Maier am Himalaya?“

Hans Schwarz mit Paul Godwin Orchester Foxtrot, Musik: Anton Profes, Text: Fritz Rotter und Otto Stransky, 1926 3:09 Minuten

„Wo sind deine Haare, August?“

Max Kuttner mit Saxophon Orchester Dobbri, Shimmy, Musik: Richard Fall, Text: Beda (= Fritz Löhner), 1926 2:57 Minuten

„Ich hab zu Haus ein Grammophon“

Max Kuttner mit Orchesterbegleitung Foxtrot, Musik: Jara Benes? und Karel Has?ler Text: Beda (=Fritz Löhner), 1925 2:26 Minuten

Erholungssuche

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Die Fotos zeigen: Matratzenlager in einer Berghütte, Anfang der 1930er Jahre, Oberammergau (Ldkr. Garmisch-Partenkirchen). Ankunft eines Urlauber Sonderzuges in Berchtesgaden, Anfang der 1930er Jahre. Zudem sind zwei Videos zu sehen: "Besiegtes Altern", Werbefilm um 1928. Der Film wirbt für Bad Tölz. "Taufe des Flugzeuges 'Bad Tölz' der I bayr. Fliegerin Frl. Christel-Mariele Schultes vor dem Kurhaus Bad Tölz", Kurz-Dokumentarfilm, 1929.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Die Fotos zeigen: Matratzenlager in einer Berghütte, Anfang der 1930er Jahre, Oberammergau (Ldkr. Garmisch-Partenkirchen). Ankunft eines Urlauber Sonderzuges in Berchtesgaden, Anfang der 1930er Jahre. Zudem sind zwei Videos zu sehen: "Besiegtes Altern", Werbefilm um 1928. Der Film wirbt für Bad Tölz. "Taufe des Flugzeuges 'Bad Tölz' der I bayr. Fliegerin Frl. Christel-Mariele Schultes vor dem Kurhaus Bad Tölz", Kurz-Dokumentarfilm, 1929.

Die Fotos zeigen: Matratzenlager in einer Berghütte, Anfang der 1930er Jahre, Oberammergau (Ldkr. Garmisch-Partenkirchen). Ankunft eines Urlauber Sonderzuges in Berchtesgaden, Anfang der 1930er Jahre. In der Ausstellung sind zudem zwei Videos zu sehen: "Besiegtes Altern", Werbefilm um 1928. Der Film wirbt für Bad Tölz. "Taufe des Flugzeuges 'Bad Tölz' der I bayr. Fliegerin Frl. Christel-Mariele Schultes vor dem Kurhaus Bad Tölz", Kurz-Dokumentarfilm, 1929.

Bereits Anfang der 1920er Jahre strömten tausende begeisterter Bergsteiger jeden Sommer per Bahn in die bayerischen Alpen. Im Lauf des Jahrzehnts wurden dann Eisenbahn und Omnibus die Transportmittel des einsetzenden Tourismus für größere Teile der Bevölkerung.

Urlaubs- und Kurorte erstellten Werbeprospekte und Plakate und ließen sogar Filme produzieren, um Übernachtungsgäste in ihren Ort zu locken. Heimatabende und Schuhplattl-Vorführungen der Trachtenvereine dienten der Unterhaltung. Zur Steigerung der Attraktivität wurden Bergbahnen gebaut, wie zum Beispiel die Bayerische Zugspitzbahn 1929/30.

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Bildmitte: Ski der Firma Hofbauer, Murnau, 1920er Jahre, Böbing (Ldkr. Weilheim-Schongau).
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Bildmitte: Ski der Firma Hofbauer, Murnau, 1920er Jahre, Böbing (Ldkr. Weilheim-Schongau).

Bildmitte: Ski der Firma Hofbauer, Murnau, 1920er Jahre, Böbing (Ldkr. Weilheim-Schongau).

Parallel dazu entwickelte sich ein neuartiges Verständnis von Urlaub. Neben der Suche nach Ruhe und Erholung in der ländlichen Sommerfrische spielten nun sportliche Aktivitäten eine wichtige Rolle. Mit der zunehmenden Beliebtheit des Skilaufs entwickelten sich Orte wie Garmisch, Ruhpolding oder Inzell zu ausgesprochenen Wintersportzentren.

Besiegtes Altern

Werbefilm für Bad Tölz als Heilbad und Fremdenverkehrsort
Um 1928
Stadtarchiv Bad Tölz

Fortschritt

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Foto einer Vorführung elektrischer Kochgeräte, um 1930, Pfaffenhofen an der Ilm (Ldkr. Pfaffenhofen); Bestellschein zur Elektrifizierung von Haus und Hof, 1921, Adelstetten (Ldkr. Berchtesgadener Land); Fotografie von der Baustelle des Walchenseekraftwerks, 1922.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Foto einer Vorführung elektrischer Kochgeräte, um 1930, Pfaffenhofen an der Ilm (Ldkr. Pfaffenhofen); Bestellschein zur Elektrifizierung von Haus und Hof, 1921, Adelstetten (Ldkr. Berchtesgadener Land); Fotografie von der Baustelle des Walchenseekraftwerks, 1922.

Foto einer Vorführung elektrischer Kochgeräte, um 1930, Pfaffenhofen an der Ilm (Ldkr. Pfaffenhofen); Bestellschein zur Elektrifizierung von Haus und Hof, 1921, Adelstetten (Ldkr. Berchtesgadener Land); Fotografie von der Baustelle des Walchenseekraftwerks, 1922.

Während der Alltag beinahe noch genauso von schwerer Arbeit wie Jahrzehnte zuvor geprägt war, erreichte der technische Fortschritt das Land. Am gravierendsten veränderte der elektrische Strom die Lebensgewohnheiten der Menschen. Nach dem Ersten Weltkrieg begann eine flächendeckende Elektrifizierung Bayerns. Auch die ländliche Bevölkerung konnte von den Vorteilen der neuen Energiequelle profitieren. Den meisten Menschen stand Elektrizität schon in den 1920er Jahren zur Verfügung. So hatten 1921 bereits zwei Fünftel der knapp 13.000 Siedlungen im Regierungsbezirk Oberbayern einen Anschluss an das bestehende Versorgungsnetz. Haushalte in entlegenen Orten erhielten oft erst in den 1940er oder gar nach dem Zweiten Weltkrieg Stromanschlüsse.

Bauern, Handwerker, Arbeiter

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Die Fotos zeigen Arbeitskräfte an ihren unterschiedlichen Arbeitsplätzen - in der Industrie von der Chemiekalienherstellung bis zur Aluminiumhütte, in der Landwirtschaft beim Mist-Ausfahren oder der Heuernte. Objekt im Vordergrund: ein transportabler Elektromotor - Symbol für den technischen Fortschritt auf dem Land.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Die Fotos zeigen Arbeitskräfte an ihren unterschiedlichen Arbeitsplätzen - in der Industrie von der Chemiekalienherstellung bis zur Aluminiumhütte, in der Landwirtschaft beim Mist-Ausfahren oder der Heuernte. Objekt im Vordergrund: ein transportabler Elektromotor - Symbol für den technischen Fortschritt auf dem Land.

Die Fotos zeigen Arbeitskräfte an ihren unterschiedlichen Arbeitsplätzen in der Industrie von der Chemiekalienherstellung bis zur Aluminiumhütte, in der Landwirtschaft beim Mistausfahren oder der Heuernte. Objekt im Vordergrund: ein transportabler Elektromotor – Symbol für den technischen Fortschritt auf dem Land.

Das ländliche Oberbayern war in den Zwanziger Jahren nach wie vor stark agrarisch geprägt. In zahlreichen Ortschaften dominierte die klein- und mittelbäuerliche Landwirtschaft in Familienbetrieben. Zwar waren die meisten Beschäftigten bereits im produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich tätig, dennoch fanden über 40% der Erwerbstätigen weiterhin im Agrarsektor ihr Auskommen. In den Krisenjahren des Jahrzehnts spielte die Landwirtschaft aufgrund ihrer Bedeutung für die regionale Nahrungsmittelversorgung eine geradezu existenzielle Rolle.

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Als Reaktion auf die wirtschaftlich schwierige Situation vieler landwirtschaftlicher Betriebe gründeten Bauern Brauereigenossenschaften. Die gezeigten Bierkrüge wurden für Genossenschaftsbrauereien Ende der 1920er Jahre/Anfang der 1930er Jahre hergestellt.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Die 'Goldenen Zwanziger' (1924-1929)". Als Reaktion auf die wirtschaftlich schwierige Situation vieler landwirtschaftlicher Betriebe gründeten Bauern Brauereigenossenschaften. Die gezeigten Bierkrüge wurden für Genossenschaftsbrauereien Ende der 1920er Jahre/Anfang der 1930er Jahre hergestellt.

Als Reaktion auf die wirtschaftlich schwierige Situation vieler landwirtschaftlicher Betriebe gründeten Bauern Brauereigenossenschaften. Die gezeigten Bierkrüge wurden für Genossenschaftsbrauereien Ende der 1920er Jahre/Anfang der 1930er Jahre hergestellt.

Im produzierenden Gewerbe dominierte die Verarbeitung von land- und forstwirtschaftlichen Produkten, etwa in Sägewerken, Mühlen und Brauereien. Daneben sorgten dörfliche und kleinstädtische Handwerker für die Bedarfsdeckung der lokalen Bevölkerung.

Daneben gab es etwa ein halbes Dutzend Großbetriebe, unter anderem die Baumwollspinnerei in Kolbermoor bei Rosenheim mit etwa 1.000 Beschäftigten. Die Pechkohlenzechen in Hausham, Penzberg und Peißenberg hatten Mitte der 1920er Jahre jeweils über 2.000 Menschen in Lohn und Brot. Weil sich die Gebirgsflüsse Inn und Alz in besonderer Weise für den Betrieb leistungsstarker Wasserkraftwerke zur Stromgewinnung eigneten, entstanden in Trostberg und Burghausen bereits vor dem Ersten Weltkrieg chemische Großbetriebe.

Krisenjahre (1929-1933)

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Krisenjahre (1929-1933)".
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Krisenjahre (1929-1933)".

Im Winter 1929/30 geriet Deutschland in den Sog der Weltwirtschaftskrise. Der ökonomische Abwärtstrend hatte sich durch den Zusammenbruch der New Yorker Börse im Oktober 1929 massiv verschärft und betraf alle Bereiche des wirtschaftlichen Lebens. Firmenzusammenbrüche, Bankenschließungen und Massenarbeitslosigkeit waren die Folgen. Zwischen September 1929 und Anfang 1933 stieg die Zahl der Erwerbslosen in Deutschland von 1,3 auf über sechs Millionen. Die durchschnittliche Kaufkraft des Einkommens der Bevölkerung sank um ein Drittel, Armut und Kriminalität nahmen sprunghaft zu. Zur Unterstützung der in Not geratenen Menschen organisierten viele Kommunen Suppenküchen und Spendenaktionen.

Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Krisenjahre (1929-1933)". Zeitungsanzeige aus dem Weilheimer Tagblatt. Es handelt sich um die Ankündigung einer Rede Adolf Hitlers. Sie fand am 6. Mai 1923 in der öffentlichen Turnhalle in Murnau statt.
Fotorundgang durch die Sonderausstellung "Eine neue Zeit". Detailansicht des Ausstellungsbereiches "Krisenjahre (1929-1933)". Zeitungsanzeige aus dem Weilheimer Tagblatt. Es handelt sich um die Ankündigung einer Rede Adolf Hitlers. Sie fand am 6. Mai 1923 in der öffentlichen Turnhalle in Murnau statt.

Zeitungsanzeige aus dem Weilheimer Tagblatt. Es handelt sich um die Ankündigung einer Rede Adolf Hitlers. Sie fand am 6. Mai 1923 in der öffentlichen Turnhalle in Murnau statt.

Unzufriedene und verzweifelte Menschen wechselten nun zunehmend ins Lager der radikalen Parteien. Nach dem im November 1923 in München gescheiterten „Hitler-Putsch“ hatte sich die NSDAP erholt und ihre politische Basis auch in der ländlichen Bevölkerung weiter ausgebaut. Der seit den Landtagswahlen 1929 erkennbare Aufwärtstrend der Nationalsozialisten verstärkte sich mit den Reichstagswahlen 1930 und 1932. Auch die KPD profitierte bei den Wahlen vom allgemeinen Unmut.

Als am 30. Januar 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde, besiegelte dies faktisch das Ende der Weimarer Republik.

01.04.2020